Der 1881 in Wunsiedel geborene Grafiker und Maler Ludwig Heinrich Jungnickel studierte an der Münchner Kunstgewerbeschule. 1898 ging er nach Wien, wo er als Schüler Christian Griepenkerls an der Akademie der bildenden Künste und anschießend an der Kunstgewerbeschule bei Alfred Roller studierte. 1905 ging Jungnickel nach München wo ihn Professor Marr, an der Akademie der bildenden Künste, unterrichtete. 1965 starb er in Wien.
Er trat als einer der bedeutendsten Entwerfer für Textilien, Tapeten und Postkarten in der Wiener Werkstätte stark hervor. Jungnickel war Mitarbeiter Gustav Klimts und wirkte bei der Ausstattung des Palais Stoclet in Brüssel mit. Egon Schiele, Oskar Kokoschka und Rudolf Kalvach zählten zu seinen engsten Freunde während seiner Schaffenszeit an der Wiener Werkstätte. Jungnickel experimentierte sehr mit den verschiedensten grafischen Techniken und dadurch gelangte er insbesondere bei Holzschnitten und Spritztechniken zu außergewöhnlichen Ergebnissen. Der künstlerische Durchbruch gelang ihm durch die Veröffentlichung von Bildern in Schablonenspritztechnik. Sein bedeutendstes Werk für die Wiener Werkstätte schuf er in Form von Entwürfen für einen Tierfries für ein Kinderzimmer im Palais Stoclet in Brüssel. In der Kunstschau 1908 in Wien stellte er seine ersten Farbholzschnitte aus. Bei der Internationalen Kunstausstellung 1911 in Rom erhielt Ludwig Heinrich Jungnickel den Grafikerpreis. In Leipzig wurde ihm die Staatsmedaille der Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Grafik Bugra verliehen, 1914 und 1915 in San Francisco die Silber- und Bronzemedaille der „Internationalen Ausstellung“. 1911 erhielt er die Professur an der „Fachklasse für Graphische Kunst“ in Frankfurt. Zwischen 1914 und 1918 wechselte Jungnickel von seinen grafischen Arbeiten zu Zeichnungen mit Kohle, Kreide und Bleistift. 1930 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für bildende Kunst und die Goldene Ehrenmedaille der Genossenschaft der bildenden Künstler Wien.
Die Königskategorie Jungnickels war die Zeichnung, in welcher er eine Meisterschaft erreichte. Die Wahl seines Motives ist unverwechselbar – des Tieres. In seiner Bedeutung als Tiermaler ist er unerreicht. Es sind respektvolle und bewundernde Darstellungen der Fauna in Kombination mit herausragendem zeichnerischem Talent. Die besondere Qualität fußt in seiner unerreichten Begabung, die man in jedem seiner Blätter sieht. Er stellt das individuelle Tier dar, kennzeichnet dessen Charakter, die jeweilige Stimmung und Befindlichkeit in oft nur wenigen genialen Strichen. Es werden Tierpersönlichkeiten portraitiert. Ludwig Heinrich Jungnickel eröffnet und die Geheimnisse der Tierseele, das Verhalten des Tieres wird in seiner Kunst gelegentlich vermenschlicht. Er zeigt uns in dem Tier seine spezifische Würde. Das namenlose Tier erhebt er somit zum ebenbürtigen Mitgeschöpf auf unserem Planeten.